100 Jahre Evangeliumsverkündigung in Südtanzania

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Gemeindepartnerschaft mit Kitandililo / Südtanzania

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Auszüge aus dem Heft:
100 Jahre Evangeliumsverkündigung in Südtanzania 
1891 -1991 

von Herrn Pfarrer i.R. Christoph Sehmsdorf
Herausgegeben vom  Ökumenisch-Missionarischen Zentrum / Berliner Missionsgesellschaft
Seite 23 bis 24 sowie Seite 31 bis 38

Am 1. Juli 1898 brach Missionar Bunk mit drei neu angekommenen Missionaren - Gröschel, Priebusch und Neuberg - auf und zog mit den Trägern der Wabena über das Gebirge. Am 15. Juli 1898 wurde die Station Kidugala gegründet. 
Auszüge aus dem Tagebuch des Missionar Gröschel: 
(Stationsakte Kidugala im Archiv der Berliner Mission)
 

(S. 2) " Der 1. Juli war nun der Tag des Aufbruchs von Ikombe. Noch einmal versammelten wir uns am frühen Morgen mit den Christen und Katechumenen der Station im Gotteshaus, wo Br. Bunk ein längeres Gebet hielt ... Schon am 28. Juni waren an 150 Mann von jenseits der Berge aus dem Stamme der Bena gekommen, um uns zu holen und unsere Sachen zu tragen ...
(S. 5) Der Weg hinaus in die Kingaberge ist meiner Ansicht nach noch viel beschwerlicher, als von da herab. Jedenfalls muß man gut ausgeruht sein, wenn man an einem Tage von Ikombe nach Bulongwa kommen will. 
(S. 8) Etwas beunruhigt wurden wir hier in Bulongwa noch am Sonntag, den 3. Juli. Die Geschwister Wolff in Tandala waren schon seit längerer Zeit den Anfeindungen eines kleinen räuberischen Stammes, des Sernas, ausgesetzt. An diesem Sonntag nun schickte Br. Wolff einen Eilboten an Br. Hübner und bat um einige zuverlässige Leute, denn es sei zu befürchten, daß das Wohnhaus des nachts über dem Kopf angezündet würde... Es blieb aber ruhig.
(S. 11) Am Montag, den 11. Juli verabschiedeten wir uns von Tandala. 
12. Juli 98: Und wieder ging es in der Hauptrichtung nach Osten. Auch kamen uns schon Benahäuptlinge entgegen, uns zu begrüßen... Bis zu unserem diesmaligen Lagerplatz waren auch die beiden ziemlich einflußreichen Benahäuptling Ngela und Kisuaga entgegengekommen. Sie brauchten auch bald ihre Klagen und Anklagen gegen die Sangu, welche fortwährend unter ihrem Volk räuberische Einfälle machen, vor.
13. Juli: Unsere Benaträger freuten sich. Es ging ihrer Heimat zu. Kurz nach 2 Uhr kamen wir bei Häuptling Ngela an und schlugen unter ein paar hohen Bambussträuchern unsere Zelte auf ...
14. Juli: heute ritten die Brüder Bunk und Neuberg aus. Als sie zurückgekehrt waren, gelangten wir nach längerer Beratung zu dem Entschluß, in diesem Gebiet eine Station anzulegen ...
15. Juli: Endlich am 15. Juli fanden wir etwas weiter hin nach Süd-Osten gelegen einen sehr schönen Platz auf einen kleinen, mit niedrigen Bäumen bestandenen Anhöhe, von wo aus man einen sehr schönen Rundblick über dei ganze nähere Umgebung hat. Hier auf diesem Platz, dem Kidugala, wie ihn die Leute nennen, schlugen wir am 16. Juli unsere Zelte auf."


Aus dem Tagebuch des Missionar Oelke / Station Kidugala am 25. Oktober 1908:
"Der 8. April war ein großer Freudentag! für uns Bewohner von Kidugala in ganz besonderer Weise, weil endlich unsere Kirche im großen und ganzen vollendet dastand und die Einweihung stattfinden konnte. Es war auch ein Freudentag für unsere ganze Hehesynode, weil der erste massive Kirchbau in unserem Kreise beendet war, ein äußeres Zeichen für das Wachstum des Christentums, das in unserem lande feste Gestalten zu beginnen gewinnt..."

Aus der Statistik der Station Kidugala im Jahre 1909

Christen Erwachsene 89 Kinder 24
Katechumenen 84 mit Nebenstation
Schulkinder 266 mit Nebenstationen

Landbesitz der Station im Juli 1907

200 ha gekauft  
488 ha gepachtet  
  davon unter Kultur 505,5 ha
  in Benutzung der Eingeborenen  99 ha
  als Weideland 200 ha
  Wege, Plätze  

Dann folgten schnell die weiteren Stationsgründungen:

26.7.98 Mufindi 1904 verlegt nach Emmaberg
2.10.98 Muhanga  
11.9.99 Lupembe  
1.11.99 Mpangile später umbenannt in Jacobi
4.9.00 Ilembula  

Da die Berliner Mission (Berlin I) von der Bethel-Mission, die einst aus der EMDOA (Evangelische Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika) hervorgegangen war, auch noch die Stationen Daressalam (gegründet 2. Juli 1887) Kissarawe (gegründet 15. Februar 1892) und Maneromango (gegründet 16. Juni 1895) im Küstenbereich übernommen hatte, war die Arbeit in wenigen Jahren um mehr als das Doppelte gewachsen. Eine Landverbindung zwischen dem Nyassasee und der Küste war beinahe hergestellt. 


Der sogenannte Bakondeaufstand

Um 1899 gab es seitens der Kolonialverwaltung in DOA den Versuch, Missionar Christoph Bunk aus der Kolonie DOA auszuweisen. Bunk hatte den Zorn der Bezirksämter Neu-Langenburg im Kondegebiet und Iringa im Hehegebiet besonders auf sich gezogen. Den Anlaß dafür fand der Bezirksamtsmann von Neu-Langenburg in Bunks Verhalten während des "Bakondeaufstandes".

Der Ausweisung Bunks aus der Kolonie kam die Missionsleitung in Berlin mit der Versetzung Bunks nach Ubena zuvor. Diese Versetzung war durch persönliche Vermittlung mit dem Reichskolonialamt in Berlin abgesprochen. Im Gegenzug wurde Herr von Elpons als Bezirksamtmann in Neu-Langenburg abberufen.

Der durch Herrn von Elpons siegreich niedergeschlagene "Bakondeaufstand" im Jahre 1896 wurde von den Missionaren als eine durch Unfähigkeit und Verachtung provoziertes Gemetzel angesehen. Es ist möglich, daß von Elpons durch einen niedergeschlagenen Aufstand seine Kolonialkarriere fördern wollte, vielleicht aber haben auch nur Ignoranz und Überheblichkeit zu den tragischen Ereignissen geführt. 
Missionar Bunk jedoch vermutetet (Auszug aus der Personalakte Bunk S. 195)
"von Elpons sucht nur nach einem Kriegsgrund". Die Missionsgemeineden der Berliner Mission konnten dazu in den Berliner Missionsberichten von 1887 folgendes lesen:
"Aus dem Kondeland sind äußerst traurige Nachrichten eingegangen. Es ist bekannt, daß unsre Missionare im Jahre 1891 von den friedlichen Bewohnern dieses Landes freundlich aufgenommen wurden. Ihnen folgte im Jahre 1893 der Major von Wißmann, welcher die Militärstation Langenburg anlegte und die deutsche Herrschaft über Kondeland und die angrenzenden Gebiete proklamierte. Von ihm ist dabei kein Schuß gegen die Bewohner des Landes abgefeuert worden. Er freute sich der reinlichen Dörfer und der wohl bestellten Pflanzungen, die er hier fand. Nach im erschien der Gouverneur von Scheele und führte seine Aufgabe gleicherweise in Frieden aus. Als Bezirksamtmann wurde in Langenburg Herr von Eltz eingesetzt, welcher im herzlichen Einvernehmen mit unsern Missonaren stand und das Volk langsam an die Fremdherrschaft gewöhnte. Leider starb er in der Mitte des Jahres 1896. Interimistisch trat an seine Stelle Herr Assessor Bornhardt, der das gute Einvernehmen mit dem Volk aufrecht erhielt. Unsere Missionare konnten während dieser Friedensjahre ihre Arbeit stetig ausbauen und vertiefen. Sechs Stationen wurden angelegt, und niemals wurde während dieser zeit der Friede, in dem unsere Brüder mit dem Volke lebten, ernstlicher gestört. Leider scheint die zeit des Friedens für Land und Volk jetzt vorüber zu sein. Bald nachdem ein neuer Bezirksamtmann in Langenburg angekommen war, führten Ausschreitungen der scharzen Soldaten von Langenburg zu Zusammenstößen mit den Eingeborenen, bis endlich im Dezember vorigen Jahres eine Anzahl von Häuptlingen dem deutschen Befehlshaber den Gehorsam kündigten, worauf er in blutigem Kampfe die Aufständischen niederwarf. Wir geben im folgenden einige der erhaltenen Mitteilungen wieder und bitten dei Missionsgemeinde recht herzlich, daß sie der schweren Lage, in die unser Werk am Njaßa durch diese Vorgänge geraten ist, im Gebet gedenken wollte. 


Missionar Jauer schreibt am 1. Juli vorigen Jahres (1896) folgendes:

" Am Abend kommt unser Häuptling Muakalobo und teilt mir mit, daß von Langenburg einer der jetzt üblichen Zettel mit einem Befehl gekommen wäre. Da es sich um das Leben von Menschen handeln sollte, ging ich hin und fand einen Mann von Muaipopo mit einem Zettel. Darauf stand in deutscher Schrift:: N.N. klagt gegen N.N. wegen Ermordung seines Vaters; Muakalobo hat die Mörder auszuliefern. "
Ich forsche, die Sache ist 12 Jahre alt und in üblicher Schlägerei geschehen. Dabei sind die beiden angegebenen Namen die Namen ein und desselben Mannes. Es gelang mir, die Leute zu bewegen, in Begleitung eines zungengewandten Mannes hinunterzugehen. ich selbst schreibe dem Herrn Bezirksamtmann die ganze Sache, denn es kann einem Richter doch nur angenehm sein, wenn er die Wahrheit erfährt. Dabei war ich auch getrieben durch die Befürchtung die Leute würden auf der Militärstation gleich als `Mörder´ eingefangen werden.
Am Sonntag dem 8. August wurde mir nach der Predigt die Nachricht gebracht, daß Soldaten bei Muaipopo Vieh genommen und Menschen getötet hätten. Während der Unruhe versammelten wir uns am Nachmittage mit den jungen Christen zur ersten Feier des Heiligen Abendmahls.

Am 24. August. Ein bewegtes Bild. In langen Zügen fliehen die Leute aus den Dörfern nach Kiedyo zu; die Männer treiben das Vieh, die Frauen tragen die Matten, um im Walde zu biwakieren.

25. August. Zu meinem nicht geringen Erstaunen vernehme ich heute, daß auch Muokalobo mit Hab und Gut im Walde Zuflucht gesucht hat. Es hat eine fürchterliche Angst die Leute ergriffen, da die Nachricht verbreitet wird, der Weiße schieße alles nieder ohne Unterschied. Alles geht mit Speer und Schild, doch nicht zum Kämpfen, sondern zur Flucht.

26. August. Gleich nach der Morgenandacht mit den Leuten breche ich auf, ausgerüstet mit Medizin und Verbandzeug, um nach den Leuten zu sehen. Alle Dörfer sind wie ausgestorben, nur hie und da läßt sich ein Huhn oder ein Hund sehen. Arg haben die übermütigen Soldaten bei Muaipopo gehaust, die Töpfe und Kalabassen liegen zerschlagen umher, alles wüst. Endlich sehe ich auf eines Berges Spitze einen Mann, wir rufeh ihm zu, er erkennt mich und kommt herab. Derselbe ruft den Fernerstehenden zu, daß sie nicht fortlaufen sollten, da ich es sei, der gekommen. Wir gehen weiter, ich hatte absichtlich nur drei Begleiter mitgenommen, um die Leute nicht zu erschrecken. Auf den Bergeshöhen erblicken wir einzelne Leute, die sofort bei unserm Anblick fliehen.
Ich strebte nach der Stelle hin, von der mir gesagt ward, daß fünf Leute erschossen seien. Dazu mußte ich sämtliche Dörfer des Muaipopo durchreiten und bekam dadurch erst einen Begriff von der großen Ausdehnung des Besitzes dieses Häuptlings. 
Einen großen Berg umgehend, sehen meine Begleiter einige Leute. Ich sandte einen Mann diesen entgegen, aber die eiligste Fllucht war der Erfolg. Endlich dachte einer, das weiße Reittier muß doch dem Missionar gehören, und er stand. Damit war das Eis gebrochen, und die übrigen kamen heran. Drei Tote wurden herangetragen, alles Häuptlinge, Verwandte von Muangomu und seinem Namensvetter Muaisumo. Beim Anblick dieser Gefallenen konnte ich mich der Tränen nicht enthalten.
Ein Knabe hat einen Wangenschuß, ich verband ihn. Mittlerweile hörte ich am Miodyo Schüsse. Ich gab daher meinen geplanten Weg nach Muangomu auf und ging über Muakanganyila, Muandyala, Muakifuna zur Station. Hier erfuhr ich, daß die Soldaten Frauen und Vieh des Muakifuna genommen hatten.

Sonnabend, den 28. August. Ein Mann von Muaipopo stellt sich ein; eine Kugel hat ihm den Oberarm zerrissen. Dem Muakalobo ist´s im Walde zu kalt, er logiert sich bei mir ein."

Soweit ein Bericht von Missionar Jauer.


Missionar Maaß berichtet in seinem Tagebuch 
("Berliner Missionsberichte": Zeitschrift der Berliner Missionsgesellschaft = BMB)

Von einem noch ernsteren Zusammenstoß der Kondeleute mit der in Langenburg stationierten Schutztruppe berichten unsere auf Ikombe stehenden Brüder ...

"2. Dezember. Schon längere Zeit schwirrten Kriegsgerüchte in der Luft, denen wir bis dahin keinen rechten Glauben schenken wollten. Heute in aller Frühe von jenseitigen Ufer zu uns herüberschallendes Gewehrfeuer machte es uns zur Gewißheit, daß der Krieg nun wirklich ausgebrochen sei. Gleichzeitig wurde es uns auch klar, daß wir hinüber müssen, um etwaigen Verwundeten und Sterbenden beizustehen, da weder Arzt noch Lazarettgehilfe zugegen waren. Unser `Paulus´ war am Tage zuvor vom Bezirksamtmann zu einer Fahrt nach Karonge geliehen. ein Langenburger Stahlboot war in unsern Hafen zurückgelassen, welches Bruder Bunk und ich zur Fahrt über den See bestiegen. Verbandszeug, Lebensmittel und Erfrischungen wurden mitgenommen.

Nach ca. zwei Stunden Fahrt hatten wir das jenseitige Ufer erreicht. Die erste Überraschung wurde uns dadurch zuteil, daß wir unsern `Paulus` neben dem `Hermann v. Wißmann` liegen sahen. Ohne unser Wissen und zu unserer größten Bestürzung war der `Paulus` mit in die Kriegsangelegenheiten gezogen, da er zu Transportzwecken verwendet werden war. Wir stiegen ans Land, nahmen einige Träger für die notwendigsten Sachen mit und begannen unsere Wanderung, anfänglich durch die am Ufer liegenden Keßidörfer und dann weiter in das Gebiet der Aufständischen. In der Ferne aufsteigender Rauch zeigte uns den Weg, welchen wir zu gehen hatten. Doch wie einsam! Fast unheimlich war die Wanderung! Sonst begegneten dem Wanderer fröhliche Menschen, lustig umherspringende Kinder, diesmal keine Menschenseele. Sonst begrüßte ihn das anheimelnde Blöken der Rinderherden, diesmal herrschte unheimliche Grabesstille. Kein Mensch, kein Tier war zu sehen, nur in einer halbzerfallenen Hütte war eine Ziege einsam zurückgelassen. Beim Betreten der Dörfer des Häuptlings Muanyabala zeigten sich schon deutlichere Spuren des Krieges. Mehrere Hütten waren teils ganz niedergebrannt; teils glimmten ihre Reste noch in der Asche. Umherliegende Hausgeräte, Matten, Körbe, Lebensmittel u.v.m. zeugten von einer schnellen Flucht. Bei weiterem Vordringen sahen wir am Boden Blutspuren und diesen folgend, fand ich dei ersten Toten. Es war ein schmerzlicher, herzzerbrechender Anblick! Die meisten jung, hübsch, in der Blüte der Jahre dahingerafft! Scheußlich, meist tödliche Wunden hatten dei Geschosse verursacht. Wie die Kugel sie ereilt hatte, so lagen sie dahingestreckt, meist mit dem Gesicht auf die Erde gedrückt, wobei die eine Hand noch krampfhaft den Schild und die andere den Speer umschlang. Etwa 30 Tote waren hier zu finden, unter ihnen auch der mächtige und edle Häuptling.
Muakalinga, dessen Dörfer zum Missionsgebiet der Brüdergemeinde gehören. Wir entdeckten nur einen Verwundeten, die andern waren jedenfalls davongelaufen. Gerade als wir beim Verbinden waren, kam der Bezirksamtmann mit seinen Beamten und Soldaten von der Verfolgung zurück. Er machte bei uns Rast und erzählte uns einige Einzelheiten des Kampfes. Danach haben die Eingeborenen anfänglich kräftigen Widerstand geleistet, als die Kugeln der Askari aber so furchtbar in  ihre Mitte wüteten, ergriffen sie die Flucht. 


Aus einem Bericht von Missionar Bunk vom 7. Dezember 1896:

"Heute kam der `H. v. Wißmann`, um Bauholz für Langenburg aus einer Schlucht nördlich von hier zu holen und zugleich Soldaten nach dem Kisako zu schicken. Herr von Elpons und Herr Burkardt stiegen hier ab. Ersterer teilte uns mit, daß die Soldaten nach Kielo und hier auf Ikombe gewesen seinen in der Absicht, im Fall die Weißen eine Niederlage erleiden würden, auch einen Beuteanteil zu erlangen ...

27. Dezember: Seit dem Kriege bei Muakalukua kamen die Leute von drüben öfters zu uns, um sich Rat zu holen. Sie leben noch in beständiger Furcht vor dem Militär, auch sich noch nicht alle in ihre Dörfer zurückgekehrt. Andere sind zum zweitenmal geflohen, weil wieder ein Mann von Soldaten erschossen wurde in Muanyabalas Dorf, wo die Soldaten Bambus holten; und zwar, so sagte man mir, wurde er erschossen, weil er mit dem Speer in der Hand vor seiner Hütte standen."

In den persönlichen Berichten von Bunk an das Missionshaus in Berlin stellen sich die Vorgänge im Kondeland noch sehr viel kritischer dar, als es in den Berichten an die Missionsgemeinden weitergegeben wurde. Die Vermutung liegt nahe, daß vor allem Merensky, der in dieser Zeit als Missionsinspektor für DOA verantwortlich war, die faktische Feindschaft des Kolonialvertreters in Neulangenburg gegen die Missionare und auch gegen die Mission und auch deren Verantwortung für das Massaker an den friedfertigen Konde herunterspielen wollte. Dazu einige Zitate aus der Personalakte Bunk (Personalakte Bunk: Archiv des Berliner Missionshauses)

"13. Juni 1898 ... Mehr Sorge und Mühe verursacht mir die geradezu feindliche Haltung, welche der Herr Bezirksamtmann zu mir einnimmt ... Es ist namentlich die v. Elponsche Sache, welche mich dazu treibt. Aus der Antwort des Herrn Gouverneur auf unser Schreiben vom Februar ersehe ich, daß wir stark verleumdet worden sind bei dem kaiserlichen Gouverneur. Namentlich sind in dem Schreiben des Gouverneurs Bruder Jauer, Maaß und ich erwähnt. Jauer ist verleumdet, die Häuptlinge gewarnt zu haben und das Vieh auf seine Station haben treiben lassen, `wo es auch tatsächlich beschlagnahmt` wurde. Bruder Maaß und ich werden beschuldigt, erstlich nichts von der Absicht der Waniakiusa gemeldet zu haben, und zum anderen hieß es, ´ waren die Herren Bunk und Maaß hinter der feindlichen Linie im Pflegedienst tätig`. Ich kann nunmehr nichts anderes annehmen, als daß von Elpons absichtlich uns verleumdet hat ...

Ich werde auch dem Herrn Gouverneur Andeutungen machen, daß ich bereit sei, auf seinen Wunsch hin Proben von der Rechtspflege sowie über die Zustände überhaupt hier weiter Mitteilung zu machen; aber ich glaube, es fruchtet nicht viel. Wenn ein Prozeß angestrengt würde gegen solche Kolonisation, wie von Elpons sie treibt, ich glaube, es würde ihm nicht viel besser ergehen als dem Dr. Peters (Dr. Carl Peters, Pastorensohn, war von 1891 - 1893 Reichskommissar in Deutsch-Ostafrika wurde wegen seiner grausamen Kolonialisierungsmethoden abberufen und 1896 aus dem Reichsdienst entlassen.). Folgendes teile ich Ihnen zunächst unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit.

Auf einer Reise von Uniika nach Langenburg zurück soll von Elpons in der Gegend von Rungwe Muanikule einen Mann erschossen haben, weil - so heißt es - derselbe ihn einen schwierigen Weg führte. Ich kann die Sachen noch nicht verbürgen, habe aber Bruder Jauer gebeten, alles zu tun, daß er die Augenzeugen bekommt und sie ausfragt ...
... Ein Unterbeamter sagte: `Von Elpons würde auch noch wegen anderer Sachen bestraft werden, wenn herauskäme, daß er eine Frau öffentlich mit der Nilpferdepeitsche habe schlagen lassen ...
Die Briefe an das Kaiserliche Gouvernement schreiben wir über Karonga (Karonga in Britisch Nyassaland), weil wir nicht mehr sicher sind, ob sie sonst irgendwo verschwinden."

Später gerieten auch noch die Missionare Wolff in Tandala und Hübner in Bulongwa auf den neuen Stationen im Kingaland in den Bereich der von Elponschen Verdächtigungen (Archiv der Berliner Mission, Abt. I, VII Fach B. 31, 1897 - 1909, P. 73), sodaß am Ende des Jahrhunderts beinahe alle Missionare im Widerspruch zu Herrn von Elpons und seinen Kolonialmethoden standen. 


Herr von Elpons hat höchstwahrscheinlich bewußt die Afrikaner zum Aufstand provoziert.
Allein die Tatsache, daß er Strafbescheide nach deutscher Rechtsauffassung und in deutscher Sprache versandte, mußte zum Konflikt führen. Die Missionare waren in ihrer grundsätzlichen Loyalität zum Kaiserreich und in ihrem Ja zur Kolonisierung so sehr befangen, daß sie in den Kolonialmethoden und deren Durchsetzung eher einzelne Übergriffe verantwortungsloser Kolonialbeamter sahen als das Unrecht eines Systems, in das sie eingebunden waren. In dem nachfolgenden Bericht von Missionar Schüler aus Muakalcli, der unveröffentlicht geblieben ist, wird das sehr deutlich.

Darum wurden die Missionare auch überrascht durch den großen Aufstand, der als Maja-Maji-Krieg in die Geschichte eingegangen ist. Doch folgt zunächst der Bericht von Missionar Schüler:


Aus dem Tagebuch des Missionar Schüler in Muakaleli / 1. Quartal 1900, (Seite 10 und folgende)

"19. Februar. In welcher traurigen und unwürdigen Weise die Eintreibung der Hüttensteuer gehandhabt wird, beweist folgendes trauriges Ereignis:
In der siebenten Stunde hörten wir von jenseits des Lufidjo her einige Schüsse. Man sagte mir, die Soldaten seien drüben in Muakinjanjas Dorf. Nach der Morgenandacht sah ich, wie von der genannten Richtung her Soldaten mit einem Weißen, demRegierungsbeamten von Kasyabone an der Spitze, auf unsere Station zumarschierten. Als der Trupp, der wtwa 30 Kühe mit sich führte, sich unserer Stationsgrenze näherte, setzte ich mich auf meinen Esel und ritt auf einem Umwege nach dem Dorfe, aus dem die Soldaten kamen. Ein Zusammentreffen mit dem Regierungsbeamten wollte ich vermeiden, da mir die Mwaitege´-schen, die im vergangenen September durch Niederbrennen ihrer Hütten bestraft wurden, es mir sehr übel nahmen, daß der Regierungsbeamte von hier aus diesen Strafzug unternahm.

Zunächst machte ich beim Häuptling Mwangosi halt. M. kam mir entgegen mit etlichen seiner Leute und sagte: `Warum zürnst Du und tötest uns?` Auf meine Frage nach genauer Auskunft erzählte er mir, daß die Soldaten drüben bei Muakinjanja fünf Leute, darunter noch ein Mädchen, getötet hätten. Die Soldaten hätten in aller Früh das Dorf umstellt und dann auf die Fliehenden geschossen. Meiner Gewohnheit gemäßerwiderte ich, daß die Bestraften wahrscheinlich etwas auf dem Kerbholz hätten; vielleicht hätte Muakinjanja der Aufforderung, der Steuer wegen zur Militärstation zu kommen, nicht Folge geleistet.

Von Mwangosi ging ich über den Lufidjo zu Mwakaboleles Dorf. Im Dorfe selbst war von seinen Leuten niemand getötet worden. Einer seiner Leute, der sich außerhalb des Dorfes auf seinem Acker befand, wurde, da er wahrscheinlich aus Furcht vor den soldaten zu fliehen versuchte, von diesen niedergeschossen. Auch hier bei Mwakabolele hörte ich dieselbe Klage: `Du zürnst und tötest uns?` Von meiner Seite kam die selbe Entgegnung, daß sie wohl selbst schuld hätten, da sie meinen vielfachen Aufforderungen, sich mit der Regierung gut zu stellen, nicht Folge leisteten.

Bei Mwakiuyanya traf ich mehrere hundert Leute zur Totenklage versammelt: die Erschossenen waren soeben begraben. Man empfing mich mit einem Geheul und lärmte und sagte mir, was ich schon längst wußte: `Du tötest uns, weil Du uns töten willst. Was haben wir begangen, daß man uns in unserem Dorfe überfällt, niederschießt und das Vieh raubt?` Meine für die Regierung gehaltene Verteidigung fand keinen Anklang. Man schrie und lärmte durcheinander: Ein wirklich bösartiges Volk hätte mich vom Esel geholt und meinem Leben durch einen Speerstich ein Ende gemacht, doch zu solch einer Tat hat dies Volk eine zu edle Gesinnung. Endlich gelang es mir, das Getöse zu beschwichtigen. Muakinyanya hat keine Ahnung, weshalb er überfallen sei. Er sei früher gelegentlich einer Streitsache auf der Militärstation gewesen - er bewies seine Behauptung durch einen von der Militärstation ausgestellten Schein und habe die Aufforderung erhalten, Kartoffeln zu bauen und seine Hüttensteuer in Kartoffeln zu entrichten.

Er habe dieser Aufforderung Folge geleistet, jedoch noch keinen Befehl zum Abliefern der Kartoffeln erhalten. Jetzt nun sei er so plötzlich und schändlich überfallen. Mein Herz empörte sich über diese Erzählung, und diese Empörung steigerte sich noch durch den Bericht der von den Soldaten ausgeübten Schandtaten. Ein fliehendes etwa 15jähriges Mädchen wurde durch den Rücken erschossen - ich habe die Leiche am vierten Tag nach dem Begräbnis mit Zustimmung des Vaters ausgraben lassen und mich selbst von der Wahrheit der Erzählung überzeugt. Drei Männer wurden dicht bei ihren Hütten, als sie beim Vernehmen der Schüsse aus ihren Hütten traten und fliehen wollten, niedergestreckt. 

Eine Hütte, einen langen niedrigen Bambusstall, in dem die Soldaten einen armen Menschen hin und her gehetzt, nahm ich näher in Augenschein. Als die Soldten an diese Hütte heranrückten, waren die Kühe bereits vor der Tür bis auf eine rote Kuh, doch der Eigentümer war noch in der Hütte. Sofort schoß man in die Hütte hinein und streckte die schöne Kuh nieder, die ich noch in der Hütte vorfand; die Kugel war durch den Rücken gegangen. Nach dieser Tat stießen die Leute mit starken Bambusstangen (Stützen der Bananenstauben), die sie bei der Hütte vorfanden, durch die dünnen Wände der Hütte, um den sich Versteckenden aufzuscheuchen. Obwohl einige Soldaten die Hütte umstellten, gelang es dem Gejagten doch, in einem günstigen Augenblick zu entkommen. Die ihm nachgesandten Kugeln trafen nicht, da sich der Gejagte auf die Erde warf und dann wieder aufsprang, die Soldaten also auf diese Weise ein schlechtes Ziel hatten. Ein anderer Mann, vor dessen Hütte die Soldaten auch waren, erzählte mir: `Als die Soldaten erschienen, dagte ich gleich: Da sinc meine Kühe, nehmt sie. Darauf gingen sie in die Hütte und nahmen den Kupferschmuck meiner Frau. Da ich Angst hatte, suchte ich das Weite, die mir nachgesandte Kugeln trafen nicht.`

Ein kleines, etwa 6jähriges Mädchen, welches bei dem vorhin genannten Mädchen sich aufhielt, bekam einen Schuß durch die rechte Hand. Die Kugel nahm ihren Weg vom Handgelenk über den Handteller und fuhr dicht unter dem Mittelfinger heraus. Die Verwundung ist noch verhältnismäßig günstig, da die Kugel keinen Finger mit fortgerissen hat, doch entschuldigt diese günstigere Verwundung keineswegs das scheußliche Verhalten der schwarzen Soldaten. Natürlich habe ich das Kind zur Station bringen lassen und behandelte dei Wunde. Fragt man sich: `Was haben die armen gejagten und getöteten Menschen verbrochen?` Ich sage `Nichts`. Selbst im Falle der Steuerverweigerung hätte nicht so scheußlich und unmenschlich vorgegangen werden dürfen - bei der Steuereintreibung brauchen in unserem Lande keine Leute zu fallen - nun liegt hier aber nicht mal eine Steuerverweigerung vor. 
Einiges Licht in diese traurige Geschichte könnte die Äußerung des Regierungsbeamten selbst hineinbringen, der hier, von diesem Zuge kommend, etwa rastete und sich dahin aussprach, daß er den Häuptling Mwuanbagi, der nicht zur Regierungsstation komme, bestraft habe. Diese zu meiner Frau gemachte Äußerung deckt sich nun leider nicht mit der von seiner Seite dem Sup. Bruder Nauhaus gegebenen Erklärung, er habe Mwuangosi und seine Familie bestrafen wollen. Mwuangosi ist, wie allgemein bekannt, gut Freund mit der Regierung und hat mit der Häuptlingslinie des Mwakinyanya gar nichts zu tun, man müßte dann gerade auf den Ur-Ur-Großvater zurückgehen, nach diesem Maßstab sind dann schließlich alle Häuptlinge verwandt.

Die Regierung hat hier in Mwambaland nicht ihre Pflicht getan und dies Volk nicht so behandelt, daß es Vertrauen zu derselben haben kann. Diese Behauptung ist keine bloße Behauptung, wenn ich z.B. nur an die Art und Weise des Zählens der steuerpflichtigen Hütten denke. Es wurde ein des Zählens kundiger Schwarzer von der Küste geschickt, dessen Fähigkeiten, richtig zu zählen, ich nicht anzweifeln will, der aber doch nicht seine Aufgabe in einer befriedigenden Weise gelöst hat. Er hat nicht mal die Gebiete der Häuptlinge, und zwar ziemlich große Häuptlinge, fixiert. Daß dies Tatsache ist, beweist meine mit dem Regierungsbeamten im September vorigen Jahres bei Mwangosi stattgefundene Unterredung. Als ich nach, jenseits des Lufidjo zeigend, ihn fragte: `Haben Sie jene Häuptlinge dort auch auf Ihrer Liste?` mußte er gestehen, daß er weder Mwabukusi noch Mwalusopo, noch Mwakambinda noch Mwakiuyanya hatte, und doch liegen die Dörfer dieser genannten Häuptlinge klar und offen dar. Gezählt waren die Hütten noch, aber sie waren anderen Häuptlingen zugerechnet, wenn ich nicht irre, dem Häuptling Mwangosi und Mwambagi. Daß auf solche Weise eine Regierung (ich rede natürlich nur vom Bezirksamt Langenburg und speziell von der die Verwaltung der Mwambalande in Händen habenden Station Kasyabone) weise und gerechte Maßregeln ergreift, welche das Volk wirklich heben. Das Plünderungssystem, die Wegnahme des Viehs muß sein Ende erreciht ahben. Wir haoofen und flehen zum HERREN, daß es bald besser werden möge.

Für Anlage von Wegen und Brücken z.B. könnte noch sehr viel geschehen. Die zu diesen Arbeiten herangezogenen Schwarzen, die jetzt meist auf der Flucht sind vor der Schutztruppe, da sie für ihr Vieh fürchten, könnten auf diese Weise, ganz abgesehen von dem sittlichen Wert der Arbeit, ihre Steuern zum größten Teile abarbeiten. Daß namentlich im Süden und Westen des Kondelandes schon manches für Wege geschehen ist, will ich gerne anerkennen. Hier im Mwambalande ist noch gar nichts für Brücken und Wege geschehen. Auch zum Anbau von Weizen und selbst Kaffee könnten die Häuptlinge mit ihren Leuten angehalten werden.  Es würde gar nicht schwer halten, sie zu diesen Arbeiten zu bewegen und die Regierung selbst würde den größten Nutzen von solchen Anordnungen haben. 

Ich habe mich ziemlich lange verbreitet, doch die Wichtigkeit des Gegenstandes erforderte Ausführlichkeit. Von dem vorläufigen Verlauf der Mwakunyanya´schen Angelegenheit wird wahrscheinlich noch Bruder Nauhaus berichten. M. wurde durch Bruder Nauhaus´ Leute nach der Militärstation geleitet. Mwakinyanya und auch die Abgesandten von Bruder Nauhaus wurden nicht grade freundlich empfangen. Das dem M. genommene Vieh, das ihm eigentlich bedingungslos hätte herausgegeben werden können, soll er für Kartoffeln einlösen und zwar 15 Sack Kartoffeln für eine Kuh. Ich glaube nicht, da? M. sich hierzu verstehen wird, da er unter dem Eindruck steht, daß ihm großes Unrecht geschehen ist."
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